Börsen-Zeitung: Nasdaq-100-Index gibt Verkaufssignal

Von Fre­de­rik Alt­mann *)
Bör­sen-Zei­tung, 04.05.2022

Der Nasdaq 100 mit den größ­ten US-ame­ri­ka­ni­schen Tech­no­lo­gie­wer­ten hat­te einen schwar­zen April: Mit einem Minus von 13 % muss­te der Index die schlech­tes­te Monats­per­for­mance seit 2008 hin­neh­men. Tech­nisch ist das Akti­en­ba­ro­me­ter nun ange­schla­gen. Mit dem Mar­kie­ren eines neu­en Zwi­schen­tiefs seit Anfang April 2021 unter 13 000 Punk­ten hat der Index ein fri­sches Ver­kaufs­si­gnal gege­ben.

Ohne­hin sind eini­ge der gro­ßen FAANG-Akti­en in der Anle­ger­gunst vom Sau­lus zum Pau­lus gewor­den, nach­dem ihre Finanz­be­rich­te mit Ent­täu­schung quit­tiert wur­den. So hat die Net­flix-Aktie seit Jah­res­be­ginn als bis­her schlech­tes­ter Nasdaq-100-Wert mehr als zwei Drit­tel an Wert ver­lo­ren. Bei der Face­book-Mut­ter Meta Plat­forms steht bis­her im Jahr 2022 ein Minus von 37 % zu Buche.

Trend­wen­de bestä­tigt

Mit dem neu­en Tief wird auch der Abwärts­trend (gestri­chel­te grü­ne Linie) kon­kre­ter. Die Bestä­ti­gung die­ser Trend­li­nie durch einen drit­ten Auf­la­ge­punkt unter 12 500 Punk­ten steht zwar noch aus. Mit der aktu­el­len Abfol­ge tie­fe­rer Tiefs wird die Trend­wen­de vom Rekord­hoch sicht­bar. In der ange­spann­ten chart­tech­ni­schen Lage müs­sen Anle­ger über­ge­ord­net mit Anschluss­ver­käu­fen rechnen.

Die Markt­tech­nik bekräf­tigt das nega­ti­ve Chart­bild des Nasdaq-100-Index. Der MACD hat bereits im Schluss­quar­tal 2021 nach dem Errei­chen des Hochs bei 16 765 Punk­ten ein Ver­kaufs­si­gnal gege­ben. Die­ser Indi­ka­tor visua­li­siert Ver­än­de­run­gen in den Abstän­den ver­schie­den lan­ger, glei­ten­der Durch­schnit­te. Er hilft damit die Stär­ke eines Trends zu beur­tei­len. So bewegt sich aktu­ell der kür­zer lau­fen­de Avera­ge der ver­gan­ge­nen zwölf Han­dels­wo­chen deut­lich schnel­ler nach unten als die Linie der letz­ten 26 Wochen. Die Lini­en diver­gie­ren, und der rote MACD fällt unter der blau­en Signal­li­nie wei­ter ab. Kön­nen sich die Kur­se nun in Zukunft wie­der sta­bi­li­sie­ren, wird sich auch der MACD ent­span­nen. Der kur­ze und der lan­ge Kurs­durch­schnitt nähern sich ein­an­der an, sie kon­ver­gie­ren.

200-Tage-Linie sinkt
Auch die von vie­len Anle­gern als lang­fris­ti­ger Trend­in­di­ka­tor beach­te­te 200-Tage-Linie (oran­ge) signa­li­siert nun­mehr Nega­ti­ves. Im Wochen­chart ist der Durch­schnitts­kurs der zurück­lie­gen­den 40 Wochen abge­bil­det (ent­spricht 200 Tagen). Die­se Linie ist im April nach unten gedreht. Gemes­sen an den ver­gan­ge­nen Jah­ren ist solch ein fal­len­der lang­fris­ti­ger Durch­schnitt bemer­kens­wert. Zuvor war die­se Linie zwei Jah­re lang ste­tig gestie­gen. Die­ser Trend­in­di­ka­tor hat­te sogar seit dem Jahr 2009 kei­ne län­ge­ren Schwä­che­pha­sen mit deut­lich rück­läu­fi­gen Notie­run­gen mehr gezeigt.

Das oben beschrie­be­ne nega­ti­ve Gesamt­bild sug­ge­riert auch, dass die Min­dest­kor­rek­tur des stei­len Anstiegs von März 2020 bis Novem­ber 2021 noch nicht aus­ge­reicht hat, um den Index zu berei­ni­gen. Nach der Theo­rie von Fibo­nac­ci hät­te die Auf­wärts­be­we­gung um min­des­tens 38,2 % kor­ri­giert wer­den müs­sen.

Atem­pau­sen
Aus der Zah­len­fol­ge des ita­lie­ni­schen Mathe­ma­ti­kers wer­den in der tech­ni­schen Ana­ly­se Kor­rek­tur­ni­veaus ermit­telt. Dem­zu­fol­ge wird eine star­ke Preis­be­we­gung im Anschluss regel­mä­ßig zu etwas mehr als einem Drit­tel, oft aber auch um die Hälf­te oder gar maxi­mal knapp um zwei Drit­tel kor­ri­giert. Fibo­nac­cis Theo­rie basiert auf in der Natur zu beob­ach­ten­den Regel­mä­ßig­kei­ten, dem „gol­de­nen Schnitt“. Kor­rek­tu­ren die­nen oft als Atem­pau­sen im Trend.

Wird die 38,2-%-Marke in die­ser Woche nach­hal­tig unter­bo­ten, soll­ten sich Anle­ger dem­nach auf eine wei­te­re Abwärts­be­we­gung in Rich­tung der 50-%-Marke bei 11 768 Punk­ten ein­stel­len. Bei einer sol­chen fort­ge­setz­ten Kor­rek­tur dürf­te in dem Bereich dann auch der zu bestä­ti­gen­de Abwärts­trend ver­lau­fen. Dar­über hin­aus haben sich die Kur­se Ende 2020 län­ger auf die­sem Niveau auf­ge­hal­ten. Die­ser dama­li­ge Wider­stand hat sich mit dem nach­hal­ti­gen Bruch zu einer Unter­stüt­zung gewan­delt.

Soll­te die­ses Niveau dem aktu­el­len Rück­set­zer den­noch nicht stand­hal­ten kön­nen, läge eine nächs­te Unter­stüt­zung beim 61,8-%-Korrekturniveau nach Fibo­nac­ci bei 10 589 Zäh­lern. Auch hier gesellt sich eine Hori­zon­ta­le über ein Zwi­schen­tief vom Okto­ber 2020 als wei­te­re Hal­te­mar­ke hin­zu.

Gegen­sze­na­rio schwach
Die Wahr­schein­lich­keit eines nach­hal­tig posi­ti­ven Gegen­sze­na­ri­os ist aus der­zei­ti­ger tech­ni­scher Sicht rela­tiv gering. Auch wenn kurz­fris­tig eine Reak­ti­on auf den rekord­schwa­chen April gut mög­lich ist, soll­ten die Anle­ger dies aus aktu­el­ler Sicht eher zur Redu­zie­rung ihrer Posi­tio­nen nut­zen.

Kommt es zunächst zu einem Rück­set­zer auf die ers­te Unter­stüt­zung am Hoch vom Sep­tem­ber 2020 bei 12 439 Punk­ten mit einer schnel­len Reak­ti­on über das Kor­rek­tur­ni­veau bei 12 948 Zäh­lern, wür­de sich das Chart­bild indes deut­lich auf­hel­len. Dann könn­te der Index einen neu­en Erho­lungs­ver­such star­ten. Aller­dings wäre bei 14 000, 14 400 und spä­tes­tens bei 15 000 Punk­ten mit erheb­li­chen Wider­stän­den zu rech­nen. Die Chan­ce, ein neu­es Rekord­hoch zu errei­chen, liegt gegen­wär­tig eher in wei­ter Fer­ne.

*) Fre­de­rik Alt­mann ist Invest­ment­ana­lyst bei Alpha Wertpapierhandel.


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