Börsen-Zeitung: Ruhe vor dem Sturm

Von Fre­de­rik Alt­mann *) Bör­sen-Zei­tung, 19.05.2021

An der ame­ri­ka­ni­schen Tech­no­lo­gie­wer­te Bör­se Nasdaq steht wohl bald eine neue Rich­tungs­ent­schei­dung an. Aus tech­ni­scher Sicht wird im umfas­sen­den Nasdaq Com­po­si­te Index über 14 251 Punk­ten ein neu­es Kauf­si­gnal gene­riert. Die aktu­el­le Seit­wärts­be­we­gung dürf­te dann nach oben auf­ge­löst wer­den. Die Bestä­ti­gung einer Umkehr­for­ma­ti­on droht dage­gen unter 12 400 Zäh­lern. Unter die­ser Mar­ke wären Anschluss­ver­käu­fe zu erwarten.

Posi­tiv­sze­na­rio 16 000 Punkte

Seit­wärts­trends haben im vola­ti­len Nasdaq-Index in den ver­gan­ge­nen Jah­ren kei­ne lan­ge Halb­werts­zeit. Daher ist damit zu rech­nen, dass die Mit­te Febru­ar bei 14 175 Punk­ten gestar­te­te Han­dels­span­ne bis rund 12800 Zäh­ler als unte­re Begren­zung dem­nächst ver­las­sen wird. Der Aus­bruch auf ein neu­es (Rekord-)Hoch über 14 251 Punk­te wür­de als fri­sches Kauf­si­gnal noch mal kräf­ti­ges Auf­wärts­po­ten­zi­al gene­rie­ren. Als ers­ter Anlauf­punkt ergibt sich in die­sem posi­ti­ven Sze­na­rio 16 000 Zäh­ler mit Hil­fe der Fibo­nac­ci-Exten­sio­nen. Der Fibo­nac­ci-Ansatz geht davon aus, dass star­ke Bewe­gun­gen im Anschluss in bestimm­ten Pro­zent­sät­zen kor­ri­giert wer­den. Die­se sind aus der Zah­len­rei­he des ita­lie­ni­schen Mathe­ma­ti­kers aus dem Mit­tel­al­ter abge­lei­tet. Wenn ein neu­es Hoch gene­riert wird, ist dem­nach mit einer pro­zen­tu­al bestimm­ten Aus­wei­tung der Bewe­gung zu rech­nen. Hin­zu kommt bei 16 000 die run­de Mar­ke als psy­cho­lo­gisch wich­ti­ger Punkt. 

Dro­hen­des Doppeltop

Ori­en­tiert man sich an dem jüngs­ten Auf­wärts­schub von Anfang Novem­ber in den Febru­ar hin­ein kann man mit Hil­fe der Fibo­nac­ci-Pro­jek­tio­nen ein etwas tie­fe­res Ziel bei 15 750 Punk­ten anset­zen. Hier wür­de die ursprüng­li­che Bewe­gung nach der Zwi­schen­kor­rek­tur auf 12 400 Zäh­ler noch mal ver­dop­pelt. Ent­spre­chend ergä­be sich letzt­lich eine Ziel­zo­ne bei 15 750 bis 16 000 Zäh­lern als ers­tes Anlauf­ni­veau nach einem neu­en Hoch im Nasdaq Com­po­si­te über 14 251 Punk­ten. Aber es gibt auch durch­aus Warn­zei­chen, dass den Tech­no­lo­gie­in­dex sei­ne enor­me Kraft der ver­gan­ge­nen 14 Mona­te ver­lässt und er die Bewe­gung nach unten auf­löst. Denn der im März 2020 ein­ge­lei­te­te, blau mar­kier­te Auf­wärts­trend ist nach einem Jahr gebro­chen wor­den. Der mit­tel­fris­ti­ge, glei­ten­de 50-Tage-Durch­schnitt steigt nicht mehr. Vor allem aber droht ein Dop­pel­top bei rund 14 250 Punk­ten, nach­dem der Tech-Index in sei­ner letz­ten Auf­wärts­be­we­gung nur noch mar­gi­nal höher stei­gen konn­te als am Vor­gän­ger­hoch aus dem Febru­ar. Das Dop­pel­top als wich­ti­ge tech­ni­sche Umkehr­for­ma­ti­on bedarf aber der Bestä­ti­gung durch einen Kurs­rutsch unter das For­ma­ti­ons­tief bei knapp 12 400 Zäh­lern im Com­po­si­te-Index Anfang März.

Als Kurs­ziel aus dem Dop­pel­top lie­ßen sich 10 620 Punk­te ablei­ten. Dafür wird die For­ma­ti­ons­hö­he (14 175 bis 12 397 = 1 778) vom Vor­gän­ger­tief nach unten abge­tra­gen. Die­ses Kor­rek­tur­ziel wird zudem durch ein mar­kan­tes Vor­gän­ger­tief aus dem Sep­tem­ber bekräf­tigt. In die­sem vor­her­ge­hen­den „Ver­such“, ein Dop­pel­top aus­zu­bil­den, zeigt sich auch die Wich­tig­keit eine Bestä­ti­gung abzu­war­ten. Damals blieb das neue Tief aus und die Kur­se sind nach oben raus­ge­sprun­gen aus der Seit­wärts­pha­se. Zudem bie­tet eine Fibo­nac­ci-Linie bei 10 441 Punk­ten auf dem Niveau Unter­stüt­zung. An die­ser Mar­ke wäre die Hälf­te des Kurs­an­stiegs vom März 2020 bis zum Rekord­hoch korrigiert.

Somit kommt nach unten dem 12 400-Punk­te-Niveau eine ent­schei­den­de Bedeu­tung zu. Wei­ter bestärkt wird die Unter­stüt­zung auch von der noch stei­gen­den 200- Tage-Linie. Die­ser glei­ten­de Durch­schnitts­kurs der ver­gan­ge­nen 200 Han­dels­ta­ge bewegt sich aktu­ell bei 12 480 Punkten. 

Anzie­hen­de Wirkung

In der Regel übt die­ser lang­fris­ti­ge Trend­in­di­ka­tor eine anzie­hen­de Wir­kung auf die Kur­se aus. Wie ein Magnet zieht die­ses Kurs­ni­veau die Kur­se an, wenn sie sich ein­mal zu weit nach unten oder oben ent­fer­nen. Eini­ge tech­ni­sche Ansät­ze nut­zen daher eine bestimm­te pro­zen­tua­le Abwei­chung von der Linie als Signal dafür, ob ein Wert als über­kauft oder über­ver­kauft ein­zu­stu­fen ist. Seit Mit­te April 2020 bewe­gen sich die Kur­se nun schon klar ober­halb der 200-Tage-Linie. Das erhöht die Wahr­schein­lich­keit eines Tests von 12 480 Punk­ten auf die Unter­stüt­zungs­stär­ke. Erfah­rungs­ge­mäß oszil­lie­ren die Kur­se aber um die­sen Lang­frist­trend. Anle­ger müss­ten sich ent­spre­chend mit erhöh­ter Wahr­schein­lich­keit auf einen Bruch die­ser Linie und den fol­gen­den Test zumin­dest des Zwi­schen­tiefs ein­stel­len. Die Dyna­mik der Kor­rek­tur­be­we­gung könn­te aber auch zum Bruch der Unter­stüt­zung und dem Ent­fal­ten des Dop­pel­top-Sze­na­ri­os führen.

Aus­bruchs­sze­na­rio beachten

An Tech­no­lo­gie­wer­ten inter­es­sier­te Anle­ger soll­ten in den nächs­ten Wochen auf ein ent­spre­chen­des Aus­bruchs­sze­na­rio bei dem welt­wei­ten Takt­ge­ber für den Sek­tor ach­ten. Wird ein neu­es Rekord­hoch mar­kiert und neh­men die Kur­se dar­auf­hin Dyna­mik auf, dann soll­te die Rei­se Rich­tung 16 000 Punk­te gehen. Wird aber ein neu­es Zwi­schen­tief unter 12 400 Zäh­lern mar­kiert, müss­ten sich Anle­ger auf Anschluss­ver­käu­fe ein­stel­len. Die Ziel­zo­ne läge dann aus unse­rer Sicht bei 10 620 bis 10 440 Punkten.

*) Fre­de­rik Alt­mann ist Invest­ment­ana­lyst bei Alpha Wertpapierhandel.