Ist das klassische Put/Call – Ratio in seiner bisherigen Form noch anwendbar?

Einleitung

Das Put/­Call-Ratio (P/C) ist eine inter­na­tio­nal aner­kann­te Bewer­tungs­kenn­zahl die übli­cher Wei­se ein­ge­setzt wird, um einen Über­blick über das aktu­el­le Anle­ger­ver­hal­ten zu erhal­ten. In den ver­gan­ge­nen Jah­ren haben sich aller­dings eini­ge Markt­ge­ge­ben­hei­ten stark ver­än­dert, sodass eine kri­ti­sche Beur­tei­lung der Kenn­zahl legi­tim erscheint.

So wur­den zum Einen neue Pro­duk­te (wie z.B. Zer­ti­fi­ka­te oder CFDs) auf den Märk­ten ein­ge­führt, die das Opti­ons­ge­schäft zum Teil abge­löst haben. Zum Ande­ren wur­den Akti­vi­tä­ten in erheb­li­chem Umfang auf den nicht bör­sen­no­tier­ten Bereich verlagert.
Ein wei­te­rer Punkt:
Man stel­le sich bei­spiels­wei­se vor, durch eine Nega­tiv-Mel­dung zum Staats­haus­halt eines EUMit­glied­staa­tes kommt extre­me Unsi­cher­heit am Markt auf. Die Markt­teil­neh­mer decken sich spon­tan mit lang­lau­fen­den Put-Optio­nen zur Absi­che­rung ihrer Port­fo­li­os ein.
In den nächs­ten Tagen ändert sich die Lage zwar nicht, wei­te­re Put-Käu­fe sind jedoch nicht zu beob­ach­ten, da die markt­re­le­van­ten Käu­fer bereits posi­tio­niert sind. Somit ent­wi­ckelt sich das P/C wie­der deut­lich in Rich­tung Calls, obwohl sich an der Markt­stim­mung nichts geän­dert hat. Eine wei­te­re sehr wesent­li­che Ände­rung des Markt­ver­hal­tens ist dar­in zu sehen, dass Anle­ger mit ent­spre­chen­dem Kapi­tal­hin­ter­grund anstel­le der Nut­zung von Optio­nen auf Futures aus­wei­chen, da hier oft eine höhe­re Liqui­di­tät vor­herrscht und eine Portfolioabsicherung
deut­lich preis­güns­ti­ger zu bekom­men ist.

Das alles lässt Zwei­fel auf­kom­men, ob das Put/­Call-Ratio in der bekann­ten Wei­se noch ver­wen­det wer­den kann. Alle genann­ten Punk­te füh­ren unwei­ger­lich zu erheb­li­chen Ein­flüs­sen auf das Put/Call Ratio, ohne dass die jewei­li­ge Markt­stim­mung hier ent­spre­chend zum
Aus­druck kommt. Die­se Ten­denz wird sich in den kom­men­den Jah­ren ver­stär­ken, sodass das P/C mög­li­cher­wei­se bald über­haupt kei­ne Beach­tung mehr fin­den könn­te. Dies hat zur Fol­ge, dass im Rah­men von Markt-Ana­ly­sen eine Ver­schie­bung weg vom P/C, hin zu alternativen
Metho­den sinn­voll erscheint.

Die­se Arbeit setzt sich kri­tisch mit der bis­he­ri­gen Anwen­dung des P/Cs aus­ein­an­der und ver­sucht Lösungs­an­sät­ze zu bie­ten, wie die­se Kenn­zahl, oder eine Abwand­lung dar­aus, künf­tig bes­se­re Ver­wen­dung fin­den kann. Dabei wird geprüft inwie­weit die­ser Ansatz noch Sinn macht
und ob eine Ver­wen­dung noch den beschrie­be­nen ver­än­der­ten Rah­men­be­din­gun­gen der Märk­te gerecht wird. Ziel ist eine belast­ba­re Aus­sa­ge, wie künf­tig mit dem P/C umzu­ge­hen ist, um Fehl­in­ter­pre­ta­tio­nen zu vermeiden.
Inter­es­san­ter Wei­se set­zen sich die meis­ten der gän­gi­gen Autoren bekann­ter Fach­li­te­ra­tur, wie z.B. Murphy(1) oder Florek(2) nur oberflächlich
und eher am Ran­de mit dem The­ma aus­ein­an­der. Somit soll die­se Arbeit eine Erweiterung/Ergänzung auf die­sem Gebiet darstellen. …