"Boersen-Zeitung": Dax-Index zwischen Baum und Borke

Von Fre­de­rik Alt­mann *)
Bör­sen-Zei­tung, 12.9.2023

Der Dax hat im Som­mer­loch ordent­lich Federn gelas­sen. Vom Rekord­hoch Anfang August bei 16.529 Zäh­lern rutsch­te der deut­sche Stan­dard­wer­te­index inner­halb von drei Wochen um mehr als 1.000 Punk­te ab, um sich zuletzt auf nied­ri­ge­rem Niveau zu sta­bi­li­sie­ren.
12. Sep­tem­ber 2023, 18:12 Uhr
Fre­de­rik Altmann

Der Dax 40 hat im Som­mer­loch ordent­lich Federn gelas­sen. Vom Rekord­hoch Anfang August bei 16.529 Zäh­lern rutsch­te der deut­sche Stan­dard­wer­te­index inner­halb von drei Wochen um mehr als 1.000 Punk­te ab, um sich zuletzt auf nied­ri­ge­rem Niveau zu sta­bi­li­sie­ren. Unter 15.500 Punk­ten hat eine kräf­ti­ge tech­ni­sche Unter­stüt­zung dem Index gehol­fen. Die­se soll­te aber auch künf­tig hal­ten, damit die hei­mi­schen Akti­en ihr posi­ti­ves Sze­na­rio wei­ter­hin behaup­ten kön­nen. Die Chan­ce auf ein neu­es Rekord­hoch noch in die­sem Jahr blie­be gewahrt. Rutscht der Leit­in­dex aber nach­hal­tig unter die­se Hal­te­zo­ne, dann müss­ten sich die Anle­ger auf ein mage­res Schluss­quar­tal einstellen.

15.500 Punk­te der Schlüssel

Im Fokus steht somit die Unter­stüt­zung um 15.500 Punk­te. In die­sem Bereich haben sich Mit­te August gleich drei tech­ni­sche Argu­men­te den fal­len­den Kur­sen in den Weg gestellt. Ers­tens war Anfang Juli bei 15.456 Zäh­lern, nur weni­ge Punk­te unter­halb der jüngs­ten Bewe­gungs­tiefs, ein Zwi­schen­tief mar­kiert wor­den. Auf die­sem Niveau hat­te damals das Kauf­in­ter­es­se im Dax wie­der die Ober­hand über die Ver­käu­fer­sei­te gewon­nen. Solch ein Wan­del im Kräf­te­ver­hält­nis von Ange­bot und Nach­fra­ge macht Extrem­punk­te im Kur­schart zu wich­ti­gen Stel­len, die in einer Ana­ly­se immer beach­tens­wert sind. Hier­aus ergibt sich aus tech­ni­scher Sicht eine hori­zon­ta­le Unterstützung.

Im Juli waren die Kur­se von die­sem Niveau aus auf ein neu­es Rekord­hoch geklet­tert. Die jüngs­te Erho­lung lässt aber eine ent­spre­chen­de Dyna­mik ver­mis­sen. Wäh­rend die Kur­se noch im Som­mer mit lan­gen wei­ßen Ker­zen im Wochen­chart regel­recht nach oben sprin­ten und einen posi­ti­ven Ein­druck im Chart hin­ter­las­sen konn­ten, ebbt das Kauf­in­ter­es­se in der jüngs­ten Kurs­er­ho­lung immer wie­der schnell ab. Die Ker­zen­kör­per blei­ben klein und die obe­ren Schat­ten lang, was zeigt, dass ein Anstieg in der aktu­el­len Pha­se schnell wie­der abver­kauft wird. Er fällt wenig(er) kraft­voll aus. Wenn dem Dax eine nach­hal­ti­ge Auf­wärts­be­we­gung gelin­gen soll, in der er sich von der aktu­el­len Bewe­gung nach oben abstößt, soll­te sich das künf­tig in kraft­vol­le­ren, lan­gen wei­ßen Ker­zen niederschlagen.

Auf­wärts­trend wackelt

Zwei­tens stand und steht der Auf­wärts­trend vom Zwi­schen­tief im Dezem­ber bei 13.792 Punk­ten als Unter­stüt­zung bereit. Die­ser wackelt zwar, denn er ist im letz­ten Rück­set­zer kurz­zei­tig, aber nicht nach­hal­tig ver­letzt wor­den. Bis­her erscheint der Trend aber intakt und bie­tet bei der­zeit 15.625 Zäh­lern Halt. Eine sol­che Auf­wärts­trend­li­nie ver­bin­det im Zeit­ver­lauf zwei höhe­re Tief­punk­te im Chart­bild und wird in der Regel durch einen drit­ten Auf­la­ge­punkt – wie mit dem jüngs­ten Rück­set­zer zu sehen – bestä­tigt. Im Grun­de spie­gelt ein stei­gen­der Trend das erwar­te­te Wachs­tum der Unter­neh­mens­wer­te wider.

Wei­ter posi­ti­ver Trend

Drit­tens ver­läuft der glei­ten­de Durch­schnitts­kurs der ver­gan­ge­nen 200 Tage unter dem aktu­el­len Preis­ni­veau. Auch er hat­te am jüngs­ten Zwi­schen­tief zusätz­lich unter­stüt­zend gewirkt. Im Chart hier ist der Schnitt der ver­gan­ge­nen 40 Wochen behelfs­wei­se abgebildet.

Die 200-Tage-Linie wird von vie­len Anle­gern als Indi­ka­tor für die lang­fris­ti­ge Rich­tung des Mark­tes genutzt. Dem­nach bewegt sich der deut­sche Leit­in­dex wei­ter­hin im posi­ti­ven Trend. Regel­mä­ßig bewe­gen sich die Kur­se um die­se Linie her­um. Sie wirkt oft wie ein Magnet auf die Kur­se, ins­be­son­de­re wenn der Abstand der Kur­se zu die­sem Durch­schnitts­wert ein­mal „zu groß“ wird. Hal­ten sich die Kur­se über die­sen Unter­stüt­zungs­mar­ken, bleibt das Chart­bild des Dax positiv.

Der bis­her posi­ti­ve Signal­ge­ber 200-Tage-Linie kann aber auch schnell ins Nega­ti­ve umschla­gen. Wenn die Kur­se nun doch deut­lich unter ihren Auf­wärts­trend fal­len, dann wür­den sie wohl auch unter die 200-Tage-Linie und die Hori­zon­ta­le an den jüngs­ten Tiefs rut­schen. Damit trüb­te sich das Chart­bild im Dax schnell und mas­siv ein. Anle­ger müss­ten sich also bei einem Dax-Stand unter 15.469 Punk­ten auf wei­ter fal­len­de Notie­run­gen ein­stel­len, aus tech­ni­scher Sicht.

Schock im Febru­ar 2022

Wie eine sol­che Trend­wen­de unter die­sen lang­fris­ti­gen Schnitt aus­se­hen kann, zeigt sich im Dax vor den letz­ten Abschwung­pha­sen im Febru­ar 2022 (exter­ner Schock Ukrai­ne) und Ende Febru­ar 2020 (exter­ner Schock Coro­na), indem die nega­ti­ve Nach­rich­ten­la­ge die Bewe­gung noch verstärkte.

In einem sol­chen – bis­her nicht abseh­ba­ren – nega­ti­ven Sze­na­rio läge eine nächs­te Unter­stüt­zung über 14.800 Punk­ten. Hier soll­te eine hori­zon­ta­le Unter­stüt­zungs­zo­ne vom vor­ma­li­gen Tief im Okto­ber 2021, über meh­re­re Zwi­schen­hochs im Jahr 2022 für Halt sor­gen kön­nen.
*) Fre­de­rik Alt­mann ist Invest­ment­ana­lyst bei Alpha Wertpapierhandel.


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