Beim Dax bleibt Vorsicht angebracht. Übergeordnet bleibt das Chartbild im Index negativ.
Frankfurt, 20.09.2022
Von Frederik Altmann *)
Die internationalen Aktienbörsen bleiben in schwerem Fahrwasser, stark beeindruckt vom Ukraine-Krieg und von der Energiekrise sowie der Unsicherheit um Zinsentwicklung und Inflation. Dies hat den Deutschen Aktienindex Dax bereits vom Rekordhoch im November 2021 um rund 3 700 Punkte absacken lassen. Von diesem Niveau können sich die 40 wichtigsten deutschen Werte bisher kaum lösen.
Aus technischer Sicht bietet sich noch keine nachhaltige Einstiegsgelegenheit, auch wenn es im negativen Markt immer wieder zu kurzen Zwischenrallys kommt. Im Gegenteil bleibt der Chart gefährlich angeschlagen. Auf aktuellem Niveau ist das deutsche Standardwerte-Barometer unterstützt durch die beiden Tiefs bei 12 440 und 12 400 Punkten von März und Juli dieses Jahres. Sollte diese Marke aber nicht halten, müssten die Investoren wieder mit Anschlussverkäufen rechnen.
Verkaufssignal unter 12 400
Sackt der Dax auf ein neues Zwischentief unter 12 400 Zählern, gibt er aus technischer Sicht nochmal ein klassisches Verkaufssignal. Ein Abwärtstrend definiert sich aus einer Abfolge tieferer Tiefs. Der gestrichelt eingezeichneten, fallenden Linie fehlt aber noch der trendbestätigende dritte Auflagepunkt. Auf einen intakten Abwärtstrend deutet jedoch auch die fallende 200-Tage-Linie (orange) hin, die einen immer geringeren Durchschnittskurs der vergangenen 200 Handelstage im Dax zeigt. Sie wird von Anlegern oft als vereinfachter Indikator für den langfristigen Trend genutzt.
Chart-Widerstand
Auch die stetig fallenden Zwischenhochs an der gepunkteten Rückkehrlinie zeigen die vorherrschende Richtung klar an. Bisher nehmen die Gegenbewegungen entsprechend an Intensität ab. So endete die jüngste Erholung im Dax bereits an einem Schlüsselniveau auf Höhe der vormaligen Rekordhochs bei 13 597 und 13 795 Punkten. Diese Region hatte sich zeitweise als Unterstützung erwiesen, mit dem nachhaltigen Bruch dann aber regulär zum Chart-Widerstand gewandelt.
Für ein positiveres und nachhaltig verbessertes Chartbild müsste dieses Niveau wieder zurückerobert werden. Auch wenn bullishen Investoren auf dem Weg nach oben einige Punkte verloren gingen, sollte aus technischer Sicht dieses positive Zeichen für den Positionsaufbau abgewartet werden. Über 13 795 Punkten würden mit dem Überschreiten der 200-Tage-Linie und dem Bruch der Verbindung der Zwischenhochs weitere positive Signale gegeben, die das Risiko deutlich verminderten.
Übergeordnet bleibt das Chartbild im Dax negativ. Eine oft genutzte Methode zur Ermittlung von Korrekturniveaus und Kurszielen – die bei einem möglichen Bruch der Unterstützung von 12 400 Punkten in den Fokus rücken – sind Fibonacci-Verhältnisse. Denn starke Preisbewegungen werden im Anschluss regelmäßig zu etwas mehr als einem Drittel, oft aber auch um die Hälfte oder gar maximal knapp um etwa zwei Drittel korrigiert. Aber auch Kursziele werden auf Basis der Zahlenfolge des italienischen Mathematikers bestimmt, da es nach korrektiven Rücksetzern typischerweise wieder zur Erweiterung der ursprünglichen Bewegung kommt. Generell gewinnen in der technischen Analyse Niveaus an Bedeutung, denen mit mehreren Argumenten Signifikanz zukommt.
50-Prozent-Korrektur
Der steile Dax-Anstieg vom Corona-Tief bei 8 256 Zählern bis auf den Rekordkurs von 16 290 Punkten wurde im ersten Quartal um nahezu 50 % (12 273 Punkte) korrigiert. Die Korrekturniveaus des Anstiegs zeigen die hellblauen Linien. Wenn dieses „normale Korrekturniveau“ von 50 % nochmal durchschlagen werden sollte, resultiert ein nächstes Bewegungsziel bei 11 325 Punkten. Nach so einem Rücksetzer wären nur noch 38,2 % des Anstiegs übrig. In dem Preisbereich liegen auch die Zwischentiefs von 2019 und 2020, die als horizontale Unterstützung Halt bieten. Ein weiteres Argument ist die erste Fibonacci-Extension des scharfen Kursrückgangs im ersten Quartal. All das gibt dem Bereich zwischen 11 500 und 11 300 Punkten eine wichtige Relevanz als Unterstützung.
Sollte dieses Niveau um 11 400 Punkte dennoch nicht standhalten, rückt die nächste Unterstützungszone bei 10 279 bis 10 062 Zählern in den Fokus. Auch hier sorgen mehrere Argumente für Halt. Allen voran steht die „last line of defense“ des anderthalbjährigen Anstiegs ab 2020, an der nur 23,6 % des initialen Anstiegs blieben. Hinzu kommen ein wichtiges lokales Tief von Ende 2018 als Unterstützung sowie die zweite Fibonacci-Extension des Rücksetzers vom ersten Quartal 2022. Sollte auch dieses Niveau keine nachhaltige Unterstützung bieten, resultierte das Corona-Tief als Ziel.
Solider Halt
Die oben genannten Unterstützungen sollten aber aus heutiger Sicht bereits zuvor soliden Halt bieten. Der deutsche Standardwerteindex könnte sich wenigstens im fünfstelligen Punktebereich behaupten. Vorsicht beim Neueinstieg bleibt angebracht, bis sich das Chartbild mit neuen Zwischenhochs nachhaltig aufhellt.
*) Frederik Altmann ist Investmentanalyst bei Alpha Wertpapierhandel.