Statistik zwischen Euphorie und Panik

2. Preis VTAD Award 2009

Zu den inter­es­san­ten neu­en Ver­öf­fent­li­chun­gen über Finanz­markt­theo­rien gehört zwei­fels­frei das Buch „Frak­ta­le und Finan­zen – Märk­te zwi­schen Risi­ko, Ren­di­te und Ruin“ /1/.
Die ame­ri­ka­ni­sche Ori­gi­nal­aus­ga­be erschien 2004, die deut­sche Aus­ga­be 2007.
Die Autoren sind der Mathe­ma­ti­ker Benoit B. Man­del­brot und der Wirt­schafts­jour­na­list Richard L. Hudson.
Man­del­brot gilt als Erfin­der der frak­ta­len Geo­me­trie. Ein Frak­tal ist eine geo­me­tri­sche Struk­tur, die sich im Klei­nen wie im Gro­ßen immer aufs Neue wie­der­holt und sich mit Rekur­si­ons­for­meln abbil­den lässt. Sicher­lich haben vie­le schon ein­mal das Bild des „Apfel­männ­chens“, der soge­nann­ten Man­del­brot-Men­ge gesehen.
Man­del­brot hat sich auch jah­re­lang mit Finanz­märk­ten aus­ein­an­der­ge­setzt, und vie­le sei­ner For­schungs­er­geb­nis­se sind in der oben genann­ten Lite­ra­tur zusam­men­ge­fasst, die ohne grö­ße­res mathe­ma­ti­sches For­mel­werk auskommt.
Ein Groß­teil Man­del­brots Unter­su­chun­gen fällt in das Gebiet der mathe­ma­ti­schen Sta­tis­tik, denn für Märk­te gibt es bekannt­lich kei­ne voll­kom­me­ne For­mel, son­dern nur Model­le, die der Rea­li­tät mehr oder weni­ger ent­spre­chen. Sehr aus­führ­lich wird dar­ge­stellt, dass Finanz­märk­te sich nicht gemäß einer zufalls­be­stimm­ten Gauß­schen Nor­mal­ver­tei­lung verhalten.
Am Bei­spiel der Ver­än­de­rung von Baum­woll­prei­sen hat Man­del­brot die­sen Sach­ver­halt ein­dring­lich vor­ge­stellt. Aber eben­so zei­gen Akti­en­märk­te Anoma­lien, und die Risi­ken sind in Rea­li­tät viel höher, als sie mit her­kömm­li­cher Finanz­ma­the­ma­tik abge­bil­det sind.
Man­del­brot stellt auch die all­ge­mei­ne Lehr­mei­nung in Fra­ge, denn vie­le mathe­ma­ti­sche For­mel­wer­ke, z.B. die Berech­nung der Vola­ti­li­tät, die Black-Scho­les-For­mel zur Berech­nung von Opti­ons­prei­sen oder das Ver­hal­ten von Asset­klas­sen in der Mar­ko­witz-Port­fo­lio-Theo­rie beru­hen auf der Annah­me, das sich Kurs­ver­än­de­run­gen annä­hernd einer Nor­mal­ver­tei­lung vollziehen.
Obwohl Man­del­brot als umstrit­ten gilt, muss­ten sei­ne Aus­sa­gen von der Finanz­wis­sen­schaft akzep­tiert wer­den, und mathe­ma­ti­sche Model­le wer­den stän­dig erwei­tert und überarbeitet.
Lei­der geben Man­del­brots Aus­füh­run­gen kei­ne kon­kre­ten Hin­wei­se oder Emp­feh­lun­gen über das Han­deln in Finanz­märk­ten. Eine Mög­lich­keit, sich Gedan­ken über Glät­te und Rau­heit der Märk­te zu Nut­ze zu machen, wird in der vor­lie­gen­den Arbeit vorgestellt.