Pivot Punkte

Das „Reac­tion Trend Sys­tem“ wur­de 1978 von Wel­les Wil­der jr. in sei­nem Buch „New Con­cepts in Tech­ni­cal Tra­ding Sys­tems“ vor­ge­stellt. Laut Wil­der kann das Sys­tem in zwei Markt­zu­stän­den ver­wen­det wer­den: Der Nor­mal­zu­stand ist der „REACTION MODE (anti trend)“, der Tra­ding Ran­ge. Bei Schwä­che wird gekauft und bei Stär­ke wird ver­kauft, das ent­spricht einem anti­zy­kli­schen Han­dels­an­satz. Im REACTION MODE dreht der Markt an jedem Kauf­punkt und fast jedem Ver­kaufs­punkt. Im TREND MODE dreht der Markt nicht, die Pivots defi­nie­ren die Stopp-Niveaus.

Pivot Punk­te die­nen der Kurs­ziel­be­stim­mung. Sie haben ihren Ursprung bei den Flo­or Tradern in den USA und wer­den in den Futures-, Ter­min- und For­ex­märk­ten ver­wen­det. Grund­über­le­gung ist, dass die Preis­ak­ti­vi­tät des vor­he­ri­gen Han­dels­ta­ges Ein­fluss auf die heu­ti­ge Preis­ak­ti­vi­tät hat. Durch Berech­nung der Pivot Punk­te wer­den Wider­stands- und Unter­stüt­zungs­ni­veaus für den heu­ti­gen Han­dels­tag defi­niert. Die Pivot Punk­te wer­den aus dem High, Low und Clo­se des vor­an­ge­gan­ge­nen Han­dels­ta­ges berech­net. Um even­tu­ell vor­han­de­ne Over­night Gaps zu kom­pen­sie­ren, kann noch das Open des heu­ti­gen Tages in die Berech­nun­gen mit ein­be­zo­gen werden.

Berechnung

Der Pivot Punkt (= PP = Pivot Point = typi­cal Pri­ce) sowie die Wider­stän­de Pivot High (= R1 = 1. Wider­stand), Resist 2 ( = R2 = 2. Wider­stand) und Resist 3 ( = R3 = 3. Wider­stand) und die Unter­stüt­zun­gen Pivot Low (S1 = 1. Unter­stüt­zung) und Sup­port 2 ( = S2 = 2. Unter­stüt­zung) und Sup­port 3 ( = S3 = 3. Unter­stüt­zung) wer­den fol­gen­der­ma­ßen berechnet:

Abbil­dung 1
Resist3 = 2 . (PP - Low) + High
Resist2 = PP + (H - L)
PivotHigh = (2 . PP) - L
PivotPunkt = ( High + Low + Clo­se) / 3
Pivot­Low = ( 2. PP) - H
Support2 = PP - (h - L)
Support3 = Low - (2 . (High - PP))

Wobei gilt:

High = Vortageshoch
Low = Vortagestief
Clo­se = Vortagesschlusskurs
PP = Pivot Punkt
Opentoday= heu­ti­ger Eröffnungskurs

Resist3 uns Sup­port3 sind optional.

Um Overnight Gaps zu kompensieren, werden folgende Varianten genutzt:
\( Pivot_{Punkt} = \frac {(High + Low + Clo­se + Open_{today})}{4} \)

Bei die­ser Berech­nung wird die heu­ti­ge Eröff­nung gleichgewichtet.

\( Pivot_{Punkt} = \frac{(High + Low + Open_{today})}{3} \)

Bei die­ser Berech­nung wird das gest­ri­ge Clo­se durch die heu­ti­ge Eröff­nung ersetzt.

Die Berech­nung der Wider­stän­de und Unter­stüt­zun­gen bleibt ansons­ten gleich.

Interpretation

Pivots sind Kurs­wen­de­punk­te und defi­nie­ren Unter­stüt­zungs- und Widerstandszonen.

Als Pivot­punk­te wer­den Kurs­wen­de­punk­te bezeich­net, die aus den Kur­sen der Vor­pe­ri­ode berech­net wer­den. Sie mar­kie­ren häu­fig Unter­stüt­zungs und Wider­stands­zo­nen und geben kri­ti­sche Niveaus an, an denen neue Kauf- bzw. Ver­kaufs­si­gna­le aus­ge­löst wer­den könn­ten. Da Pivot­punk­te recht popu­lär sind und anschei­nend vie­le Trader ähn­li­che Berech­nungs­me­tho­den ver­wen­den, trifft in beson­de­rem Maß das Prin­zip der sich selbst erfül­len­den Pro­phe­zei­ung zu. Schon der legen­dä­re Spe­ku­lant Jes­se Liver­moo­re ver­wen­de­te Pivotpunkte.

Die Grund­idee der Pivots ist, long zuge­hen, wenn der Pivot Punkt von unten nach oben durch­sto­ßen wird, bezie­hungs­wei­se short zu gehen, wenn der Pivot Punkt von oben nach unten durch­sto­ßen wird. Die­se Tech­nik soll­te eher im kurz­fris­ti­gen Bereich ange­wen­det wer­den (1-5 Minu­ten Charts). Ers­tes Kurs­ziel für die Long­po­si­ti­on ist R1. Hier kann der Gewinn mit­ge­nom­men wer­den (take pro­fit) oder bei einem star­ken Markt und dem Über­win­den von R1 dient die­se Mar­ke als Unter­stüt­zung. Der Stopp soll­te dann knapp unter R1 gelegt wer­den. Nächs­tes Kurs­ziel ist dann R2. Wird R2 erreicht, kann ent­we­der der Pro­fit mit­ge­nom­men wer­den oder – bei einem star­ken Markt und Über­win­den von R2 – dient R2 als Unter­stüt­zung und der Stopp wird knapp dar­un­ter gelegt. Bei einer Short­po­si­ti­on wird ana­log dazu verfahren.

Wird der Pivot Punkt mehr­mals hin­ter­ein­an­der über- und unter­schrit­ten, deu­tet das auf einen Seit­wärts­markt hin (Reac­tion Mode von Wil­der) und impli­ziert anti­zy­kli­sches Han­deln. Bei Errei­chen von R1 wird short gegan­gen, bei Errei­chen von S1 wird long gegan­gen. Die Stopps wer­den knapp über R2 bezie­hungs­wei­se knapp unter S2 gelegt. Läuft der Markt in die pro­gnos­ti­zier­te Rich­tung, wer­den die Stopps nach­ge­zo­gen. Bricht der Kurs aus der Tra­ding Ran­ge aus – über R1 oder unter S1 – ist damit zu rech­nen, dass der Seit­wärts­markt been­det wur­de. Es soll­te dar­auf geach­tet wer­den, die R1 oder S1 mit deut­li­chem Umsatz­an­stieg über­wun­den werden.

Als zusätz­li­cher Fil­ter soll­te ein glei­ten­der Durch­schnitt ver­wen­det wer­den. Es bie­tet sich an, aus den Pivot Punk­ten einen 3- und einen 5-Tage glei­ten­den Durch­schnitt zu berech­nen. Liegt der aktu­el­le Pivot Punkt über den bei­den MA’s, geht man nur Long Signa­le ein. Liegt der aktu­el­le Pivot Punkt unter den bei­den errech­ne­ten MA’s, so wer­den nur Short Signa­le berücksichtigt.

Problematik

Pivot Punk­te gehö­ren mit hoher Wahr­schein­lich­keit zu der Kate­go­rie von tech­ni­schen Instru­men­ten, für deren Exis­tenz es kei­ne ratio­na­le Erklä­rung gibt. Damit wür­den sie in die Kate­go­rie „self full-fil­ling pro­phe­cy“ fal­len. Gera­de im Intra­day Han­del ist es wich­tig, Kurs­mar­ken zu ken­nen, wel­che als Wen­de­punk­te oder Support/Resistance Line die­nen können.

Im For­ex­han­del bedarf die Berech­nung der Pivots inter­na­tio­na­ler Synchronisation.


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