Dow, Charles

Charles Hen­ry Dow (*6. Novem­ber 1851 in Ster­ling, Con­nec­ti­cut, USA; † 4. Dezem­ber 1902 in Brook­lyn, New York) war ame­ri­ka­ni­scher Jour­na­list und Mit­be­grün­der der Dow, Jones & Com­pa­ny, aus der spä­ter das Wall Street Jour­nal her­vor­ging. Charles Dow ent­wi­ckel­te dar­über hin­aus meh­re­re Akti­en­in­di­zes und schrieb zahl­rei­che Publi­ka­tio­nen. Nach sei­nem Tod wur­den die wesent­li­chen Aus­sa­gen von Samu­el A. Nel­son zusam­men­ge­fasst und als Dow Theo­rie benannt.

Leben und Werk

Ers­te Erfah­run­gen als Redak­tur (1851 bis 1877)
Charles Hen­ry Dow war der Sohn eines Land­wirts. Sein Vater starb, als er sechs Jah­re alt war. Schon früh in sei­nem Leben fand Charles Hen­ry Dow Gefal­len am Jour­na­lis­mus. Im Jah­re 1872, im Alter von 21 Jah­ren, erhielt er eine Anstel­lung als Stadt­re­por­ter bei der Spring­field Dai­ly Repu­bli­can in Mas­sa­chu­setts, die zu die­ser Zeit von Samu­el Bow­les her­aus­ge­ge­ben wur­de. Dow blieb dort bis 1875 und zog dann nach Rho­de Island, um bei The Pro­vi­dence Star als Nacht­re­dak­teur zu arbei­ten. The Pro­vi­dence Star wur­de Mor­gens ver­öf­fent­licht. Dar­über hin­aus ist auch bekannt, dass er für The Pro­vi­dence Evening Press Arti­kel schrieb, die Abends erschien. The Pro­vi­dence Star wur­de 1877 auf­ge­löst. Beim Pro­vi­dence Evening Press lern­te er Edward Davis Jones ken­nen, mit dem er spä­ter zusam­men die Dow, Jones & Com­pa­ny grün­den wird.

Charles Dow greift Wirt­schafts­the­men auf (1877 bis 1880)
Im sel­ben Jahr begann Dow beim Pro­vi­dence Jour­nal Wirt­schafts­ar­ti­kel zu schrei­ben. Hier schrieb er bemer­kens­wer­te Arti­kel über die Geschich­te und die Zukunfts­aus­sich­ten von ver­schie­de­nen Indus­trie­zwei­gen. Dow ver­öf­fent­lich­te dar­über hin­aus fol­gen­de Bücher:

- 1877: Histo­ry of Steam Navi­ga­ti­on Bet­ween New York & Pro­vi­dence.
- 1878: Temp­les of Lear­ning
- 1879: The Sta­te Farm: Our Sys­tem of Sta­te Cha­ri­ties and Cor­rec­tions.
- 1880: New­port: The City by the Sea: Four Epochs in her Histo­ry. An Age of Shadowy Tra­di­ti­on. An Era of Com­mer­cial Suc­cess and Social Sple­ndour. A Gene­ra­ti­on of … A Half Cen­tu­ry of Unpar­al­led Development

The Lead­ville Let­ters: Die Sil­ber­mi­nen in Colo­ra­do (1879)
Im Mai 1979 reis­te er mit einer Grup­pe von Ban­kiers, Geo­lo­gen und Indus­tri­el­len nach Lead­ville, Colo­ra­do, um über die dort ent­stan­de­nen Sil­ber­mi­nen zu berich­ten. Die Ban­kiers brauch­ten die Öffent­lich­keit, um Inves­to­ren für ihre Sil­ber­mi­nen zu gewin­nen. Auf der vier Tage lan­gen Rei­se lern­te Dow sehr viel über die Welt der Finan­zen ken­nen. Er inter­view­te eini­ge mit­rei­sen­de Inves­to­ren und fand her­aus, wel­che Art von Infor­ma­tio­nen die Inves­to­ren an der Wall Street benö­tig­ten, um Geld zu ver­die­nen. Charles Dow schrieb ins­ge­samt neun Lead­ville Let­ters von die­ser Rei­se, in denen er sei­ne Beob­ach­tun­gen beschrieb, ange­fan­gen von den Rocky Moun­ta­ins, den Minen­ge­sell­schaf­ten, den schnell her­an­wach­sen­den Städ­ten, dem rohen Kapi­ta­lis­mus dort und den Infor­ma­tio­nen, wel­che die Men­schen dort inner­halb kür­zes­ter Zeit zu Mil­lio­nä­ren machen konnten.

Umzug nach New York und Grün­dung der Dow, Jones & Com­pa­ny (1880-1882)
Im fol­gen­den Jahr, 1880, ver­ließ Charles Hen­ry Dow den Ort Pro­vi­dence und zog nach New York, das knapp 300 km von Pro­vi­dence ent­fernt liegt. Er war davon über­zeugt, dass New York der idea­le Ort für Finanz­be­richt­erstat­tung ist. Sein ers­ter Arbeit­ge­ber ist Kier­nan Wall Street Finan­cial News Bureau. Die­ser Nach­rich­ten­dienst lie­fer­te per Boten hand­ge­schrie­be­ne Finanz­news an Bro­ker und an Ban­ken. Mit Dow kam auch Edward Davis Jones zu Kier­nan, den Dow bereits beim Pro­vi­dence Evening Press ken­nen­ge­lernt hat. Dow und Jones stan­den für eine unver­zerr­te Bericht­erstat­tung, wäh­rend ande­re Repor­ter Unter­neh­men im güns­ti­gen Licht dar­ge­stellt haben, um die Notie­run­gen nach oben zu stei­gern. Schnell kamen Dow und Jones zu der Über­zeu­gung, dass die Wall Street eine ande­re Finanz­nach­rich­ten­agen­tur benö­tig­te. Nur zwei Jah­re nach ihrer Ankunft in New York grün­de­ten Dow und Jones ihre eige­ne Nach­rich­ten­agen­tur: Dow, Jones & Com­pa­ny. Ihr ers­tes Büro war im Kel­ler­ge­schoss eines Süß­wa­ren­ge­schäfts in der Wall Street 15 unter­ge­bracht. Da Dow, Jones und die vier Ange­stell­ten ihre Arbeit nicht allei­ne bewerk­stel­li­gen konn­ten, nah­men sie Charles Mil­ford Berg­stres­ser als drit­ten Part­ner auf. Berg­stres­ser war ein frü­he­rer Ange­stell­ter bei Kier­nan, des­sen Fähig­kei­ten in geschick­ten Fra­ge­stel­lun­gen lagen. Zur dama­li­gen Zeit besuch­ten die Repor­ter Bro­ker, Ban­ken und Unter­neh­men, um an neue Infor­ma­tio­nen zu kom­men. Sie wur­den von Boten beglei­tet, die mit den neu­en Infor­ma­tio­nen zurück ins Büro lie­fen, wo sie dort einer Grup­pe von Schrei­bern dik­tiert wur­den. Die Schrei­ber benutz­ten sehr dün­nes Papier, zwi­schen die­sen Koh­le­pa­pier gelegt wur­de. Auf die­se Wei­se konn­te jeder Schrei­ber gleich­zei­tig 24 Kopien anfer­ti­gen. Die Boten ver­sorg­ten dann die Abon­ne­men­ten mit den Kopien. Die­ser Vor­gang wie­der­hol­te sich meh­re­re Male am Tag. Eine Spät­aus­ga­be bzw. eine Früh­aus­ga­be wur­de gele­gent­lich mit Mel­dun­gen aus Lon­don hinzugefügt.

Hei­rat, Der Cus­to­mer' After­noon Let­ter und der ers­te Index (1881-1884)
Am 9. April 1881 hei­ra­tet er Lucy M. Rus­sell. Im Novem­ber 1883 begann Dow, Jones & Com­pa­ny, am Nach­mit­tag eine zwei­sei­ti­ge Zusam­men­fas­sung des Tages her­aus­zu­ge­ben, den Cus­to­mers’ After­noon Let­ter. Die Auf­la­ge stieg sehr schnell auf über 1.000 Abon­ne­men­ten, da die Nach­rich­ten eine wich­ti­ge Quel­le für Inves­to­ren waren. Der Cus­to­mers’ After­noon Let­ter beinhal­te­te seit dem 3. Juli 1884 den Dow Jones Stock Avera­ge, einen Index, der neun Eisen­bahn­ge­sell­schaf­ten, eine Dampf­schiff­fahrts­ge­sell­schaft sowie die Geld­trans­fer­ge­sell­schaft Wes­tern Uni­on beinhal­te­te. Zur dama­li­gen Zeit waren Eisen­bahn­ge­sell­schaf­ten die größ­ten und stärks­ten Unter­neh­men in Ame­ri­ka. Die Indus­trie­un­ter­neh­men gal­ten damals als sehr spekulativ.

- Chi­ca­go & North Wes­tern
- Dela­ware Lacka­wan­na & Wes­tern
- Lake Shore
- New York Cen­tral
- St. Paul
- Nor­t­hern Paci­fic
- Uni­on Paci­fic
- Mis­sou­ri Paci­fic
- Lou­si­ville & Nash­ville
- Paci­fic Mail
- Wes­tern Uni­on
Expan­si­on und Grün­dung des Wall Street Jour­nal (1885-1889)
Mit dem Wachs­tum der Abon­ne­men­ten wur­de das Ver­fah­ren mit dem Durch­schlag­pa­pier schnell inef­fi­zi­ent. 1885 wur­de daher eine Hand­pres­se instal­liert. Die Publi­ka­tio­nen wur­den bis 1948 von Boten über­bracht.
Am 16. Febru­ar 1885 erwei­ter­te Charles Dow den Index um zwei Titel auf 14 Wer­te. Am 2. Janu­ar 1886 folg­te eine wei­te­re Ände­rung, der Index wur­de auf 12 Titel ver­klei­nert. 1889 hat­te das Unter­neh­men bereits 50 Ange­stell­te. Aus der zwei­sei­ti­gen Nach­rich­ten­zu­sam­men­fas­sung wur­de eine Zei­tung. Am 8. Juli 1889 erschien die ers­te Aus­ga­be des Wall Street Jour­nal zu einem Preis von 2 pence pro Aus­ga­be oder fünf Dol­lar für ein Jah­res­abon­ne­ment. Charles Dow war der Her­aus­ge­ber und Edward Davis Jones orga­ni­sier­te den Rest.
Zur Leit­li­nie des Wall Street Jour­nal gehör­te es, dem Leser ein umfas­sen­des und neu­tra­les Bild auf Akti­en, Anlei­hen und Waren zu geben. Die Zei­tung hat­te eine eige­ne Tele­fon­lei­tung nach Bos­ton und Tele­gra­phen­ver­bin­dun­gen nach Washing­ton, Phil­adel­phia und Chi­ca­go. Dar­über hin­aus hat­te sie Kor­re­spon­den­ten in ver­schie­de­nen Städ­ten, dar­un­ter auch zum Finanz­platz in Lon­don.
Am 9. April 1894 wur­den Ände­run­gen in der Zusam­men­set­zung des Dow Jones Stock Avera­ge vor­ge­nom­men, die Anzahl der Titel bleib aber bei 12.

Erst­ver­öf­fent­li­chung des Dow Jones Indus­tri­al Avera­ge (1896).
Die Wirt­schaft pro­spe­rier­te zu die­ser Zeit. Um 1893 wur­den zahl­rei­che Über­nah­me­ak­ti­vi­tä­ten ver­zeich­net, mit der Fol­ge, dass gro­ße Indus­trie­un­ter­neh­men mit hohem Kapi­tal­be­darf ent­stan­den. Indus­trie­wer­te gal­ten damals als hoch­spe­ku­la­tiv und der Bedarf an Infor­ma­tio­nen über die­se Titel wuchs an. Charles Dow kon­zi­pier­te daher für die­ses Seg­ment einen neu­en Index, den Dow Jones Indus­tri­al Avera­ge, der am 26. Mai 1896 das ers­te Mal ver­öf­fent­licht wur­de. Er bestand aus 12 Indus­trie­wer­ten und hat­te einen Wert von 40,94 Punkten.

- Ame­ri­can Cot­ton Oil
- Ame­ri­can Sugar
- Ame­ri­can Tob­ac­co
- Chi­ca­go Gas
- Gene­ral Elec­tric
- Distil­ling & Catt­le Fee­ding
- Lacle­de Gas
- Natio­nal Lead
- North Ame­ri­can
- Ten­nes­see Coal & Iron
- U.S. Lea­ther Pre­fer­red
- U.S. Rubber

Im glei­chen Jahr im Okto­ber wur­de der ursprüng­li­che Dow Jones Stock Avera­ge um die Indus­trie­wer­te berei­nigt und zum Dow Jones Rail­road Avera­ge umbe­nannt, der von nun an 20 Titel ent­hielt und spä­ter im Jah­re 1970 zum Dow Jones Trans­por­ta­ti­on Avera­ge umbe­nannt wur­de.
Charles Dow beob­ach­te­te, dass zwi­schen bei­den Indi­zes eine Bezie­hung exis­tiert. Sei­ner The­se zufol­ge war eine all­ge­mei­ne wirt­schaft­li­che Bele­bung fest­zu­stel­len, wenn bei­de Indi­zes nach oben stre­ben und umge­kehrt. Die­se und ande­re Dows The­sen wur­den spä­ter nach sei­nem Tod von Samu­el A. Nel­son auf­ge­grif­fen als die Dow Theo­rie bekannt, wel­che bis heu­te die Eck­pfei­ler der Tech­ni­schen Ana­ly­se dar­stel­len. Dow ging nicht davon aus, dass sei­ne Ideen als die ein­zi­ge Metho­de zur Markt­pro­gno­se her­an­ge­zo­gen wer­den soll­ten, son­dern als eines von vie­len Model­len zur Ent­schei­dungs­fin­dung.
1898 erschien die ers­te Mor­gen­aus­ga­be des Wall Street Jour­nal und umfass­te von nun an auch poli­ti­sche Themen.

Rück­zug aus dem Geschäfts­le­ben und Tod (1899-1902) Edward Jones, einer der Grün­dungs­part­ner von Dow, Jones & Com­pa­ny, ging 1899 in den Ruhe­stand, wäh­rend Dow und Berg­stres­ser wei­ter­ar­bei­te­ten. 1902 litt Charles Dow unter gesund­heit­li­chen Pro­ble­men und fass­te den Ent­schluss zum Ruhe­stand. Sowohl Edward Jones als auch Charles Dow ver­kauf­ten ihre Antei­le an Cla­rence Bar­ron, ihrem Kor­re­spon­den­ten in Bos­ton. Charles Dow schrieb sein letz­tes Edi­to­ri­al im April 1902. Nur weni­ge Mona­te spä­ter starb Charles Dow am 4. Dezem­ber 1902 in Brook­lyn im Alter von 50 Jah­ren.
Charles Dow hat zwi­schen 1899 und 1902 255 Bei­trä­ge im Wall Street Jour­nal publi­ziert. Die Zusam­men­fas­sun­gen, von Samu­el A. Nel­son, Wil­liam P. Hamil­ton und Robert Rhea publi­ziert, wur­den als die Dow Theo­rie bekannt und sie stel­len bis heu­te die Grund­la­ge der Tech­ni­schen Ana­ly­se dar. Charles Dow selbst ver­wen­de­te nie den Begriff Dow Theorie.


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