Dow Theorie

Etwas Geschich­te vor­ne­weg: Die Her­ren Charles Dow und Edward Jones grün­de­ten 1882 die Dow Jones & Com­pa­ny. Am 3. Juli 1884 ver­öf­fent­lich­te Dow sei­nen ers­ten Akti­en­in­dex, der sich aus den Schluss­kur­sen von 11 Akti­en zusam­men­setz­te: 9 Eisen­bahn­ge­sell­schaf­ten und 2 pro­du­zie­ren­de Fir­men. Dow dach­te, dass die­se 11 Akti­en eine gute Indi­ka­ti­on für die wirt­schaft­li­che Gesund­heit des Lan­des dar­stell­te. Im Jahr 1897 ent­schied Dow, dass zwei sepa­ra­te Indi­zes die Wirt­schaft bes­ser reprä­sen­tie­ren wür­den, und kre­ierte einen aus 12 Akti­en bestehen­den Indus­trie-Index und einen wei­te­ren Index aus 20 Eisen­bahn­ak­ti­en (den heu­ti­gen Dow Jones Trans­port). Bis 1928 wuchs der Indus­trie-Index auf 30 Akti­en, die Anzahl, die heu­te noch gilt. Die Ursprün­ge der tech­ni­schen Ana­ly­se (der west­li­chen Welt) sind zu fin­den in dem, was Dow um die Jahr­hun­dert­wen­de in sei­nen Theo­rien for­mu­lier­te, die er für das Wall Street Jour­nal schrieb.

Kern­aus­sa­gen

Die Indi­zes dis­kon­tie­ren alles

Die Sum­me und Ten­denz der Bör­sen­trans­ak­tio­nen reprä­sen­tie­ren das gesam­te Wis­sen der Wall Street der Ver­gan­gen­heit, sofort und aus der Ent­fer­nung, im Hin­blick auf die Vor­her­sa­ge der Zukunft. Es besteht kei­ne Not­wen­dig­keit, den Indi­zes etwas hin­zu­zu­fü­gen, wie es man­che Sta­tis­ti­ker tun, Anpas­sun­gen von Roh­stoff­in­di­zes aus­zu­ar­bei­ten, Devi­sen­kurs­schwan­kung, inlands- und aus­lands­ba­sie­ren­de Trans­ak­tio­nen oder irgend­et­was sonst. Die Bör­se berück­sich­tigt alle die­se Dinge.

Der Markt hat drei Trends

Ein Auf­wärts­trend weist ein Mus­ter von stei­gen­den Hochs und stei­gen­den Tiefs auf. Ein Abwärts­trend weist fal­len­de Hochs und fal­len­de Tiefs auf. Im Seit­wärts­trend geht ein paar Punk­te rauf – und wie­der run­ter. Der Markt befin­det sich ca. 2/3 der Zeit im Seitwärtstrend.

Nach Dow gibt es drei Trends, den pri­mä­ren, den sekun­dä­ren und den unbe­deu­ten­den, die er mit den Tiden, Wel­len und dem Gekräu­sel der Was­ser­ober­flä­che des Oze­ans ver­glich. Der pri­mä­re Trend steht für Ebbe und F lut, der sekun­dä­re oder mit­tel­fris­ti­ge Trend reprä­sen­tiert die Wel­len, und die unter­ge­ord­ne­ten Trends ver­hal­ten sich wie die Kräu­se­lun­gen auf den Wel­len. In Abbil­dung 1 am Bei­spiel der RWE Aktie im Tages­chart dargestellt.

1. Der pri­mä­re oder lang­fris­ti­ge Trend umfasst ein bis meh­re­re Jahre.

2. Der sekun­dä­re oder mit­tel­fris­ti­ge Trend ver­kör­pert Kor­rek­tu­ren im pri­mä­ren Trend und dau­ert in der Regel drei Wochen bis drei Mona­te. Die­se mit­tel­fris­ti­gen Kor­rek­tu­ren füh­ren die Kur­se nor­ma­ler­wei­se zwi­schen 1/3 und 2/3 der vor­her­ge­hen­den Trend­be­we­gung zurück, meis­tens unge­fähr 50 % der letz­ten Bewegung.

3. Der unter­ge­ord­ne­te oder kurz­fris­ti­ge Trend dau­ert nor­ma­ler­wei­se weni­ger als drei Wochen.

Abb.1: RWE dai­ly 12/2011-12/2012

Pri­mä­re Trends haben drei Phasen

Der pri­mä­re Trend lässt sich in drei ver­schie­de­ne Pha­sen unter­tei­len. Eine Akku­mu­la­ti­ons­pha­se, eine Pha­se der öffent­li­chen Betei­li­gung und eine Dis­tri­bu­ti­ons­pha­se. Dar­ge­stellt in Abbil­dung 2 am Bei­spiel der Aktie der Deut­schen Tele­kom, ein Monatschart von 1996-2003.

1. In der Akku­mu­la­ti­ons­pha­se kau­fen die infor­mier­ten, scharf­sin­ni­gen Investoren.

2. In der Pha­se der öffent­li­chen Betei­li­gung stei­gen Trend­fol­ger ein und trei­ben die Kur­se nach oben.

3. Am Ende der 2. Pha­se beginnt die ers­te Grup­pe der Inves­to­ren, ihre Posi­tio­nen abzu­bau­en, zu „dis­tri­bu­tie­ren“.

Abb.2: Deut­sche Tele­kom 1996-2003

Das Volu­men muss den Trend bestätigen

Dow sah das Volu­men als sekun­dä­ren, aber wich­ti­gen Fak­tor bei der Bestä­ti­gung von Kauf- oder Ver­kaufs­si­gna­len. Ver­ein­facht aus­ge­drückt soll der Umsatz in Rich­tung des vor­herr­schen­den Trends anstei­gen. In einem Auf­wärts­trend soll­te das Volu­men bei stei­gen­den Kur­sen anstei­gen, bei fal­len­den Kur­sen sich ver­rin­gern. In einem Abwärts­trend soll­te der Umsatz bei fal­len­den Kur­sen anstei­gen und bei stei­gen­den Kur­sen abnehmen.

Abb.3: Bay­er Aktie dai­ly mit Volumen

Die Indi­zes müs­sen ein­an­der bestätigen

In Bezug auf den Indus­trie- und den Eisen­bahn­in­dex war Dow davon über­zeugt, dass kein wich­ti­ges Signal zu Beginn eines Bul­len- oder Bären­mark­tes Gül­tig­keit besitzt, solan­ge nicht bei­de Indi­zes das­sel­be Signal geben und sich damit gegen­sei­tig bestätigen.

Ein Trend besteht so lan­ge, bis es defi­ni­ti­ve Signa­le gibt, dass er sich umge­kehrt hat

Das hat­ten wir schon wei­ter oben. Die schwie­rigs­te Auf­ga­be der Trend­fol­ger ist es, die Trend­um­kehr­si­gna­le zu erken­nen und zu deu­ten. Dow hat sich aus­schließ­lich auf Schluss­kur­se ver­las­sen. Intra­day-Ver­let­zun­gen betrach­te­te Dow nicht als gül­ti­ge Signale.

Ver­füg­ba­re Auf­zeich­nun­gen bele­gen, dass Dows Theo­rie von 1920 bis 1975 68 % der Signa­le im Indus­trie- und Trans­port­in­dex und 67 % des S&P 500 erfasst haben.


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