Die Efficiency Ratio wurde ursprünglich von Perry Kaufman entwickelt um seinen adaptiven, gleitenden Durchschnitt (KAMA) an unterschiedliche Marktphasen anzupassen.
Aber die Efficiency Ratio ist nicht nur sehr gut zur Steuerung der Adaption bei Durchschnitten geeignet, sondern lässt sich auch als Maßstab für die Trendintensität verwenden. Sie ist ein Maßstab für die Geradlinigkeit eines Trends.
Überlegungen aus der Geometrie hinter der Efficiency Ratio
Die Überlegung die hinter der Efficiency Ratio steckt, beruht auf der fraktalen Geometrie. Als erstes steht die Überlegung, dass die Gerade die kürzeste und damit auch die effizienteste Verbindung zwischen zwei Punkten ist. Wenn man nun nicht die Gerade als kürzesten Weg gehen kann, sondern einen Umweg machen muss, ist die Strecke, die beim Umweg zurückgelegt wurde, die wirklich zurückgelegte Entfernung. Will man nun eine Maßzahl bestimmen, die angibt, wie groß der Umweg im Verhältnis zum direkten Weg ist, so teilt man einfach die zurückgelegte Entfernung des direkten Wegs durch die zurückgelegte Entfernung beim Umweg.
Der kürzeste und effizienteste Weg von A nach B ist die Gerade (Abbildung 1). Wenn Sie allerdings von A über C, D, E, F, G und H fahren kommen Sie auch ans Ziel, aber Sie haben einen Umweg gemacht, dessen Länge sich aus der Summe der Teilstrecken ergibt.
Um es mit anderen Worten zu erläutern:
Sie gehen mit Ihrem Hund an der ganz langen Leine spazieren (Abbildung 2). Sie laufen auf direktem Weg von A nach B, den Netto-Weg. Ihr Hund jedoch läuft mal rechts in die Pampa und mal links in die Pampa. Er legt also eine größere Strecke zurück, den Brutto-Weg. Sie laufen 1 Einheit, Ihr Hund zum Beispiel 7. Bei der Berechnung des Efficiency Ratio wird nun das Verhältnis (Ratio) gebildet: Netto-Weg / Brutto Weg = 1/7 = 0,14. Je mehr Ihr Hund vom „geraden“ Weg abweicht, desto kleiner wird das ER. Halten Sie Ihren Hund an der ganz kurzen Leine und er läuft „bei Fuß“, dann ist der Netto-Weg = Brutto-Weg = 1. Das Efficiency Ration schwankt zwischen 0 und 1.
Und genau diese Methode hat Perry Kaufman auf die Kursentwicklung angewendet. Wenn man beispielsweise die Effizienz der Kursbewegungen der letzten 10 Tage bestimmen will, wäre der direkte Weg die Differenz des aktuellen Kurses und des Kurses vor 10 Tagen. Der Umweg ergibt sich aus der Summe aller Kursdifferenzen zu ihrem Vortag. Damit man auch wirklich die Strecke erhält, wird der absolute Betrag verwendet, da sich sonst positive und negative Kursdifferenzen gegenseitig aufheben würden. Um die Trendintensität unabhängig von der Trendrichtung zu machen, wird auch der absolute Betrag für die Strecke des direkten Wegs verwendet.
Efficiency Ratio schwankt zwischen 0 und 1
Berechnung
Wobei gilt:
ERt = Efficiency Ratio
Ct = Close des gewählten Zeitintervalls (t)
n = Anzahl der Zeiteinheiten
Interpretation
Die Efficiency Ratio ergibt sich also aus dem Quotient des Absolutbetrags der Kursdifferenz des ersten und des letzten Kurses des Betrachtungszeitraums und der Summe der absoluten Kursdifferenzen zum Vortag. Die Efficiency Ratio schwankt zwischen 0 und 1. Die Kursbewegung ist effizient, wenn die Efficiency Ratio ein Wert von 1 aufweist, in diesem Fall ist kein Umweg vorhanden und der Kurs hat sich auf gerader Linie bewegt. Ist der Umweg im Verhältnis zum direkten Weg sehr groß, so nähert sich die Efficiency Ratio dem Wert von Null an.
Trendphasen sind meist durch eine geradlinige Bewegung gekennzeichnet, während trendlose Phasen häufig hin und her schwanken, dabei aber keine großen Änderungen im Kursniveau herbeiführen. Daher kann die trendlose Phase auch als volatile Seitwärtsbewegung definiert werden.
Die hellgrauen Bereiche im Kursverlauf des EuroStoxx 50 zeigen Aufwärts- und Abwärtstrendphasen an (Abbildung 3). Die dunkelgrauen Bereiche verdeutlichen die Seitwärtstrends. Die hellgrauen Bereiche entstehen wenn die 20-Tage-Efficiency-Ratio, die noch mit einem 3-Tage-Durchschnitt geglättet wurde, über 0,20 liegt. Bei Werten unter 0,20 entstehen die dunkelgrauen Flächen.
Mit der Efficiency Ratio hat man nun ein Mittel, um zwischen beiden Marktphasen zu unterscheiden. Man legt dafür einen Grenzwert fest, der beispielsweise bei 0,2 liegen kann. Wenn die Efficiency Ratio sich oberhalb des Grenzwerts befindet, liegt eine geradlinige Trendbewegung vor, befindet sich der Wert darunter, ist die Bewegung eine nicht so effiziente Seitwärtsbewegung. Für die Höhe des Grenzwertes gibt es in der Literatur keine Angabe, aber ein passender Grenzwert lässt sich visuell gut ermitteln.
Auch Tusher Chande nutzt seinen Chande Momentum Oscillator unter anderem, um Trendphasen zu bestimmen. Dazu verwendet er nicht den ursprünglichen CMO sondern den absoluten Betrag des CMO. Wenn man die Berechnung des absoluten CMO und der Efficiency Ratio genauer vergleicht, fällt auf, dass beide identische Ergebnisse liefern. Der absolute CMO wurde lediglich noch mit dem Faktor 100 multipliziert. Sie können also die Efficiency Ratio anstelle des absoluten CMO und umgekehrt einsetzen.
Quelle: "Technische Indikatoren" von Oliver Paesler, erschienen im FinanzBuch Verlag