Die Verwendung von Indikatoren ist in der technischen Analyse der Finanzmärkte weit verbreitet. An erster Stelle eine Analyse steht immer die Analyse des Kursverlaufes in Form von Trendbestimmung und Mustererkennung (= Patternanalyse). Erst dann werden die Indikatoren analysiert.
In der Regel spiegeln die Indikatoren das Momentum des Preises wieder – sind sie doch eine mathematische Ableitung des Preises.
Die meisten Indikatoren sind Trendfolger, laufen dem Trend also hinterher. Bestes Beispiel hierfür sind die gleitenden Durchschnitte. Einige wenige Indikatoren können „führende“ Eigenschaften ausbilden. Diese Indikatoren gehören zum Typ Oszillator und die führende Eigenschaft wird als Divergenz oder auch Abweichung bezeichnet. Ein Indikator vom Typ Oszillator „oszilliert“ um eine Nulllinie oder Basislinie und zeigt überkaufte und überverkaufte Märkte. Dazu zählen zum Beispiel der MACD, Relative Strength Index (RSI), Commodity Channel Index (CCI) und die Stochastik.
- Eine klassische Divergenz ist eine Abweichung zwischen Kursverlauf und Indikator. Diese deutet eine Trendumkehr an.
- Eine versteckte Divergenz (= hidden Divergence) ist auch eine Abweichung zwischen Kursverlauf und Indikator, diese weist aber frühzeitig auf eine Trendfortsetzung hin.
Divergenzen beider Varianten finden sich in jedem Zeithorizont und jedem Instrument.
Wo liegt der Unterschied zwischen klassischer und versteckter Divergenz?
- Bei der klassischen Divergenz werden im Aufwärtstrend die Kurshochs betrachtet, in einem Abwärtstrend die Kurstiefs.
- Bei der versteckten Divergenz werden im Aufwärtstrend die Kurstiefs betrachtet, in einem Abwärtstrend die Kurshochs.
Divergenzen
Klassische Divergenz: Trendwende steht an
1. Variante:
Bei der klassischen Divergenz der Variante 1 steht in der Regel eine signifikante Trendwende an. Sie liefert die besten Handelssignale. Schematisch dargestellt in Abbildung 1.

- In einem intakten Aufwärtstrend bildet der Kurs bei der bearishen Divergenz Variante 1 ein höheres Hoch (Higher High = HH) aus, der Indikator hat allerdings nicht genügend Momentum und bildet ein tieferes Hoch (Lower High = LH) aus. Der Indikator bestätigt das höhere Hoch im Kurs nicht. Das deutet auf eine wahrscheinliche Trendwende hin.
- In einem intakten Abwärtstrend bildet der Kurs bei der bullishen Divergenz Variante 1 ein tieferes Tief (Lower Low = LL) aus, der Indikator hat allerdings nicht genügend Momentum, um ebenfalls ein tieferes Tief auszubilden. Er bildet ein höheres Tief (Higher Low = HL) aus. Der Indikator bestätigt das tiefere Tief im Kurs nicht. Das deutet auf eine wahrscheinliche Trendwende hin.
2. Variante:
Bei der zweiten Variante der klassischen Divergenz ist etwas Vorsicht geboten, in der Regel wird eine schrittweise Trendwende signalisiert. Das Signal sollte über andere Indikatoren bestätigt werden. Schematisch dargestellt in Abbildung 2.

- In einem Aufwärtstrend bildet der Kurs bei der bearishen Divergenz Variante 2 ein Doppel Top aus, der Indikator hat allerdings nicht genügend Momentum und bildet ein tieferes Hoch aus. Ein Doppel Top an sich ist bereits eine Trendwendeformation – die Bullen verlieren an Kraft, die Bären haben aber noch nicht das Ruder übernommen. Als vollendet gilt das Doppel Top, wenn das relative Tief zwischen den beiden Hochs unterschritten wird. Der fallende Indikator spiegelt den gleichgewichteten Kampf zwischen Bullen und Bären wider.
- In einem Abwärtstrend bildet der Kurs bei der bullishen Divergenz Variante 2 einen doppelten Boden aus, der Indikator hat allerdings schon genügend Momentum und bildet ein höheres Tief aus. Ein doppelter Boden an sich ist bereits eine Trendwendeformation – die Bären verlieren an Kraft, die Bullen haben aber noch nicht das Ruder übernommen. Als vollendet gilt der doppelte Boden, wenn das relative Hoch zwischen den beiden Tiefs überschritten wird. Der steigende Indikator spiegelt den gleichgewichteten Kampf zwischen Bullen und Bären wider.
3. Variante:
Die dritte Variante der klassischen Divergenz liefert die schwächsten Signale. Es gilt, die weitere Kursentwicklung mit besonderer Aufmerksamkeit zu beobachten. Auf keinen Fall sollte diese Divergenzvariante sofort in eine Handelsaktivität münden. Beobachten ist angesagt. Schematisch dargestellt in Abbildung 3.

- In einem Aufwärtstrend macht der Kurs bei der bearishen Divergenz Variante 3 neue Hochs, der Indikator verharrt und bildet ein Doppel Top aus. Der Verlust an Momentum ist also nicht sehr gravierend und möglicherweise unbedeutend.
- In einem Abwärtstrend macht der Kurs bei der bullishen Divergenz Variante 3 neue Tiefs, der Indikator verharrt und bildet einen doppelten Boden aus. Der Verlust an Momentum ist also nicht sehr gravierend und möglicherweise unbedeutend.
In Abbildung 4 der DAX mit dem MACD. Im Kursverlauf werden ausgebildet eine bullishe Divergenz Variante 1 (Links), eine bearishe Divergenz Variante 2 (Mitte) und eine bullishe Divergenz Variante 3 (Rechts).

Versteckte Divergenzen signalisieren Trendbestätigung
Wird eine versteckte Divergenz ausgebildet, weist das frühzeitig auf eine Trendbestätigung hin. Die Wahrscheinlichkeit ist also groß, dass der aktuelle Trend fortgesetzt wird (Abbildung 5):

Bei einer versteckten bullishen Divergenz werden in einem Aufwärtstrend die Kurstiefs betrachtet:
Bildet der Kurs ein höheres Tief (HL) aus und der Indikator gleichzeitig ein tieferes Tief (LL), dann deutet dies auf eine Fortsetzung des Aufwärtstrends hin (siehe Abbildung 6).

Bei einer versteckten bearishen Divergenz werden in einem Abwärtstrend die Kurshochs betrachtet:
Bildet der Kurs ein tieferes Hoch (LH) aus und der Indikator gleichzeitig ein höheres Hoch (HH), dann deutet dies auf eine Fortsetzung des Abwärtstrends hin (siehe Abbildung 7).
